Und doch hat die "Feige" eine überwiegend positive Bedeutung: So symbolisiert sie die Sexualität, in ihrer Form weist sie hin auf den weiblichen Scham- und Vaginalbereich, ist also ein Symbol für körperliche Nähe, Liebe und Fruchtbarkeit. Im Neuen Testament ist davon die Rede, dass sich Jesus mit seinen Freundinnen und Freunden im Schatten des Feigenbaums getroffenen und ausgeruht habe (vergleiche: Joh 1,48 ff). Wie oft mögen sie dort miteinander über das Reich Gottes gestritten und in ihren Umarmungen die Versöhnung gespürt haben? Vielleicht ist der Feigenbaum das treffsicherste Symbol für die ganze Widersprüchlichkeit des menschlichen Daseins: Für die Feigheit des "Als-ob-Gesichts" und für die Sehnsucht nach körperlicher und psychischer Liebe. Vor diesem Hintergrund wird das Gleichnis Jesu vom Feigenbaum verständlich. Am liebsten würde der Herr des Weinbergs den Feigenbaum, der die guten Früchte nicht mehr bringt, abhauen. Aber der Gärtner bittet darum, zu warten, damit der ihn umpflügen, ihn düngen und ihn pflegen kann. "Vielleicht bringt er doch noch Frucht." Damit ist die Sehnsucht Jesu, eigentlich aller Menschen zum Ausdruck gebracht.

Zum Symbol "Weinberg" sei auf das Gleichnis über den gleichen Lohn der Arbeiter im Weinberg hingewiesen. Vgl. die Tabelle der Gleichnisse Jesu.


Predigt °°° Bild: Weinberg



Weinberg in den Pyrenäen Kataluniens:
Hier finden sich oft Feigenbäume zum
Schutz vor Hitze und Unwetter.